Pünktlich zum internationalen Gedenktag gegen Gewalt an Frauen hat es in Italien wieder einen spektakulären Frauenmord gegeben. Eine 22-jährige Studentin wurde von ihrem Ex-Partner brutal ermordet, nicht nur weil sie ihn verlassen hatte, sondern auch weil sie im Begriff war vor ihm ihr Studium abzuschließen. Giulia ist nur eine von vielen; in Italien wurden in diesem Jahr mehr als 100 Frauen ermordet. Dabei sind die Femizide nur die Spitze des Eisberges der Gewalt gegen Frauen, die immer noch zu unserem Alltag gehört.
Ebenso pünktlich zum internationalen Gedenktag hat das Parlament wieder ein Gesetz gegen Gewalt an Frauen verabschiedet. Auch dieses befindet sich in guter Gesellschaft, zumal seit 10 Jahren fast jährlich Gesetze und Aktionspläne zu diesem Thema verabschiedet werden. Vor allem die Verschärfung von Strafen und die Ausweitung des vorläufigen Schutzes im Strafprozessrecht sind Gegenstand dieser Gesetze.
Trotz aller Bemühungen gehen die Frauenmorde ungebrochen weiter.
Das liegt einerseits daran, dass diese Gesetze nur in unzureichender Weise angewandt werden, dass die zuständigen Behörden ihre Befugnisse der Ermahnung, des Näherungsverbotes und sogar der Führerscheinaussetzung
gegenüber gewalttätigen Männern nur in unzureichender Weise ausüben, und dass es keine Strafsicherheit gibt.
Erst kürzlich hat ein Fall für Aufsehen gesorgt, in welchem ein verurteilter Frauenmörder nach nur fünf Jahren Gefängnis wegen Fettleibigkeit in den Hausarrest entlassen wurde.
Vor allem aber handelt es sich bei der Gewalt gegen Frauen um ein kulturelles Problem, um die Überbleibsel des Patriarchats, die sich in unserer Gesellschaft immer noch breit machen.
Wir finden sie in den Hasskampagnen in den sozialen Medien, in der Darstellung der Frauen in den Medien und in einer Sprache, die für Führungsrollen nur die männliche Form kennt. Und wir finden sie in den Ungleichgewichten in der Arbeitswelt, im fehlenden Zugang zu Spitzenpositionen in Politik und Wirtschaft, in der mangelnden Aufteilung von Betreuungs- und Familienaufgaben, in der Tatsache, dass nur 58 % der italienischen Frauen ein Bankkonto auf ihren eigenen Namen haben.
Der eigentliche Kampf ist also ein Kampf um echte Chancengleichheit in der Arbeitswelt und dem Zugang zu Führungspositionen.
Das neue Gesetz gegen Gewalt ist ein Schritt nach vorn, aber es wäre ein Fehler zu glauben, dass es ausreichend ist. Der nächste Schritt sollte die Einführung eines Hassdeliktes sein, das es in den meisten europäischen Ländern schon gibt. Ich habe im Senat, bereits in der letzten Legislaturperiode einen diesbezüglichen Gesetzentwurf vorgelegt.
Auch die Möglichkeit frauenfeindliche Werbung, durch dafür zuständige Gremien zu unterbinden, muss ausgebaut werden. Die italienische Amtssprache muss endlich durch die weibliche Form für alle Positionen erweitert werden. Die Ablehnung von Gewalt und der Respekt gegenüber Andersartigkeit, muss bereits in der Schule gelehrt werden.
Nur so wird es möglich sein, der gesellschaftlichen Geißel der Gewalt gegen Frauen, beizukommen".